Buenos Aires – Das Zwischenseminar

Tigre – Eine Schiffsrundfahrt in einem Vorort von Buenos Aires.

Das Zwischenseminar ist Teil der Seminarreihe zum Freiwilligendienst. Eigentlich ist es nur für Teilnehmer des weltwärts-Programmes vorgesehen.

Der Ort an dem wir das Zwischenseminar verbrachten: Das Hotel Bauen.
Dieses Schild, auf einer innenhofähnlichen Dachterasse angebracht, ist auf wunderbare Weise Zeichen des Zustandes des Hotels. Ein wenig marode aber im Kern durch und durch es selbst: Bauen Hotel.

Doch da die „Freunde“ die beiden Programme „weltwärts“ und „IJFD“ gleichstellen, sahen sich auf diesem Seminar alle Freiwilligen der Länder Chile, Uruguay und Argentinien wieder. Und zwar wirklich alle. Bisher gab es wohl nur wenige Jahre, in denen bis zu diesem Zeitpunkt niemand seinen Dienst abgebrochen hatte.

Themen des Zwischenseminares

Auf dem Zwischenseminar ging es vor allem darum, dass wir uns darüber Gedanken machen sollten, was wir bereits erreicht haben, und was wir in den verbleibenden Monaten noch machen möchten. Dabei schauten wir stets auf verschiedene Ebenen. Zum einen natürlich unsere Arbeit im Projekt (der Schule, dem Kindergarten, Bauernhof oder den vielen anderweitig sozialen Einrichtungen, in den wir Freiwillige arbeiten). Dann aber auch die familiäre Seite bei unserer Gastfamilie und auch im Hinblick auf die Kultur und andere soziale Kontakte. Wie weit waren wir schon in Verbindung mit anderen Menschen, jenseits von Familie, Projekt und uns Freiwilligen, in Verbindung gekommen?
Zu diesen Themen kamen wir dann auch untereinander in den Austausch.

Kultur…

Neben diesen Fragen gab es auf dem Zwischenseminar auch Einheiten zu verschiedenen anderen Themen der hiesigen Kultur. So lernten wir etwa in einem Vortrag ein wenig über die Kultur der Quechua (Ketschua gesprochen).
Für mich besonders spannend in diesem Zusammenhang waren hin und wieder Ähnlichkeiten zu anthroposophischen Anschauungsweisen. Beispielsweise kam die Referentin recht zu Beginn auf die Energien innerhalb einer Gruppe zu sprechen. Konkret: das Mobiltelephone die Gemeinsamkeit einer Gruppe aufbrächen. So gab es einige Punkte zu verschiedenen Themen, die mich Ähnlichkeiten erkennen ließen.

… und Tanz

Jeweils abends gab es dann eine Einheit zu volkstümlichen Tänzen. Wir lernten dort Grundschritte des Gato, des Chacarera und des Escondido. Am vorletzten Abend gingen wir auf eine Peña (gesprochen Penja) – eine traditionelle Tanzveranstaltung. Der durch Livemusik gestaltete Tanzabend wird hin und wieder durch Tanzvorstellungen verschiedener Gruppen aufgelockert. Die Stimmung dort ist locker und offen – wer nicht tanzen kann versucht es nach seinen Möglichkeiten und schaut im Zweifelsfalle einfach beim Nachbarpärchen 🙂
Auch wenn es wohl schwierig ist, wirklich gute Peñas zu finden, so hatten wir Glück. Nach einer weiteren einleitenden Tanzstunde, die wir dort vom Hause bekamen, sahen wir verschiedene Tanzgruppen und auch eine Tango-Einlage. Die Leute dort halfen uns mit viel Humor und Verständnis, während der verschiedenen Tänze nicht die Orientierung zu verlieren.

Der Tagungsort – Das Hotel Bauen

Der Tagungsort, das Hotel Bauen, war ebenfalls ein Themeneinheit wert. Wir hatten uns schon auf dem Vorbereitungsseminar dazu entschieden, in diesem Hotel unser Zwischenseminar abhalten zu wollen – auch unter der Bedingung, dass wir uns mittags dann selbst versorgen müssen. Denn klar ist ein Hotel so zentral gelegen wie das Bauen Hotel nicht billig. Tatsächlich aber ist es eine der günstigsten Optionen für die „Freunde“, die es in Buenos Aires gibt, da die „Freunde“ nicht unerheblichen Nachlass dort bekommen.

Geschichte des Hotels Bauen

Das Hotel Bauen in der Callao Avenue – Tagungsort des Zwischenseminares
Das Hotel Bauen in der Callao Avenue, wo das Zwischenseminar stattfand.

Denn dieses Hotel wird aktuell von einer Kooperative geführt, die sich das Hotel 2003 angeeignet hatte, nachdem es bankrott gegangen war. Der vormalige Besitzer hatte mit den Einnahmen dieses Hotels ein weiteres unweit des ersten errichten lassen. Nach dem Bankrott ließ er durch einen Tunnel Werkzeuge und andere Ausstattung in sein neues Hotel schaffen. Aus diesem Grunde besetzten die Arbeiter das Bauen Hotel um den Raub zu blockieren.

Die Frage, die bis heute im Raum steht, ist, wem das Gebäude gehört. Dabei ist es natürlich nicht nur das inzwischen marode Gebäude, sondern auch sein Grundstück, was viel Wert ist. Der Kooperative, die dieses Hotel nun führt, liegen gute Grunde vor, warum es in ihre Hand übergehen sollte: Schließlich wurde es mit massiven staatlichen Krediten erbaut, die aber niemals zurückgezahlt wurden…
Ein entsprechendes Gesetz das die Besitztümer ihren verschiedenen Genossenschaften zuschreibt, wird im März erwartet.

Denn die Kooperative des Hotel Bauen ist nicht ein Einzelfall. Bereits in den 1950ern und -60ern waren im Zuge der damaligen Wirtschaftskriese viele solche Genossenschaften entstanden. Die Arbeiter hatten ihre Fabriken übernommen und sie eigenständig weitergeführt.
Weil diesen vielen kleinen Genossenschaften jedoch eine gute Verbindung fehlt, haben sie kaum politisches Gewicht. Dies könnte sich, wenn sich der Status ihrer Legalität offiziell klärt, sicher ändern.

Die Unterkunft

Uns Freiwilligen also wurde das Hotel auf der vorangegangenen Tagung schmackhaft gemacht und ich muss sagen, dass ich den Aufenthalt dort außerordentlich genossen habe.
Das Hotel ist unter der Verwaltung der Kooperative sehr heruntergekommen, so sind längst nicht mehr alle Stockwerke bewohnbar. Doch wie soll eine Investition gesichert sein, wenn den Arbeitern das Hotel vom einen auf den anderen Tag entwendet werden kann? Ihnen sind die Hände gebunden.

Doch gerade dass dieses Hotel einfach nicht so piekfein ist, macht es gleich viel wohnlicher. Selbst wenn einem beim duschen der Duschbrausenkopf auf die Füße fällt – in dieser Atmosphäre würde ich sofort wieder übernachten.

Dazu kommt, dass die Kooperative, ihrem linken Denken entsprechend, bereitwillig Preisverhandlungen führt und zum Beispiel die Tagungsräume anderen Organisationen im Zweifelsfalle auch kostenlos zur Verfügung stellt (selbst wenn die Teilnehmer dort nicht übernachten) .

Buenos Aires

Das Hotel Bauen liegt sehr zentral – wenige Blöcke vom Obelisken und dem Kongress entfernt. Aber genauso wenig ist es ein langer Fußmarsch bis in das Viertel Once, welches durch seine vielen Straßenverkäufer bekannt ist.

Während des Zwischenseminares war jedoch kaum Zeit, Buenos Aires zu erkunden. Außer den wenigen Straßen bis zum Supermarkt und den verschiedenen Salatbars ließ sich in den Mittagspausen kaum mehr besichtigen.

Nach dem Zwischenseminar passierten wir auf der Stadtrundfahrt auch La Boca.
La Boca war ein sehr armes Viertel. Und so erbaten sich die Bewohner häufig ein wenig Farbe bei den im nahen Hafen ankommenden Schiffen. Als Resultat wurden diese Häuser berühmt für ihre Farbenfroheit, so erzählt man…

Aus diesem Grunde nahm ich im Anschluss an das Zwischenseminar gemeinsam mit den beiden anderen Freiwilligen hier aus Córdoba an einer Stadtrundfahrt teil, sodass ich wenigstens einen ersten flüchtigen Blick auf die Stadt gewinnen konnte.

Mir gefiel die Stadt sehr gut. Allerdings denke ich auch, dass dort dauerhaft zu leben eine ganz andere Sache und mir sicherlich zu anstrengend wäre.


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