Impuls Tagung: Vertrauen

Eine Reflexion zur Im·Puls-Tagung „Vertrauen“ 2020 in Stuttgart

Was ist Vertrauen, und wie gestaltet es sich? Wem gebe ich Vertrauen, und warum?

Vertrauen ist Anfang und Gipfel jeder Kultur

Goethe

In dem Gebäude der Christengemeinschaft in Stuttgart hing gerade die Ausstellung „Licht – Farbe – Klang“ von Christiane Usadel.

Als ich nun einleitend mit der Frage, was für mich Vertrauen sei, im zweisamen Selbstgespräch durch die Räume zog, stand ich plötzlich vor einem dieser Bilder, und ich hatte das Gefühl, das Bild gab mir die Antwort auf die Frage, die ich dann erst stellen sollte: Welche Farbe hat Vertrauen? Für mich war es nun ein lebendig tiefer Violett-Ton der sich dicht, aber doch leicht im Blau wölkte und in sich eine Ahnung von Gelb in roten Schlieren trug.

Diese vorauseilende Ahnung ist dem Vertrauen stark zu eigen, denke ich. Wir hatten es in den Vorträgen vom Vertrauen in einen selbst, und vom Vertrauen in die Welt, welche, wenn ich sie in den Gedanken von Umkreis und Punkt plastiziere, eine ganz neue Gestalt erhalten.

Überhaupt lebte das Tagungsthema in intensiver Weise zwischen den anwesenden. Aus den Begegnungen und dem Aufwecken „schau, sieh dir die Welt an!“ konnte ich viel Kraft schöpfen. Manchen konkreten Handlungsansatz habe ich daraus mitgenommen.

Die Vorträge

Haben alle Engel Flügel?
frage ich
meinen Engel
Ja, antwortet er.
Doch nicht alle
können fliegen.
Und warum nicht?
frage ich.
Denk, dass ich
fliege,
bittet er.

Peter Härtling

Was ich von der Tagung mitgenommen habe

So möchte ich den Menschen auf der Straße bewusster begegnen, möchte an der Kasse beim Einkaufen den Blickkontakt stärken, bewusst mehr Vertrauen von mir ausgehen lassen in der Begegnung mit all den Dingen, die mein Alltag sind.

Ein weiteres, sicher nicht leichtes Vorhaben von mir ist es, mir „Zeit zu nehmen“ (eigentlich Bewusstseinskraft aufzuwenden) für kleine, – wie sie mir erscheinen – mönchsgleiche Aufgaben; für den Anfang soll es die Übung sein, mir jeden Tag über drei schöne Dinge bewusst zu werden, die Teil des Tages waren.

Künstlerischer Workshop der projektiven Geometrie

In der Arbeitsgruppe der projektiven Geometrie gingen wir zweimal durch die Unendlichkeit, schauten dann auf die Zusammenhänge von Pol und Polarer am polarisierenden Kreis und kamen so schließlich zu der Erkenntnis, dass dem Bösen das Böse gegenüber steht, und das Gegenteil des Guten eigentlich das Verharren ist.

Die Vorträge

Vertrauen in Mitmenschen

Michaela Glöckler sprach vom Vertrauen als „gleichgerichtete geistige Bemühungen“. Sie ging auf die Quinta Essentia ein und betonte, dass wir uns in jedem Moment entscheiden müssen, in welchen Dienst wir unsere Fähigkeiten stellen wollen, in den Dienst des abgrenzenden physischen Organismus oder die menschliche Freiheit, die verbinden kann.

Weltvertrauen

Daniel Hafner sprach nach einem wenig erfolgreichen Versuch eines Einstiegs über die Konstruktion der Polaren im Kreis von den Hüllen während der Embryonalentwicklung und endete schließlich in der Betrachtung des Weltvertrauens im Gedanken des Umkreises. Das „bürgerliche Mittelpunktbewusstsein“ hinter uns lassend werde hiermit Weltvertrauen zum eigentlichen Selbstvertrauen.

Selbstvertrauen

Laurens Hornemann schließlich stellte die Frage nach dem Bewusstsein im Vertrauen. Ein kleines Kind schließlich sei fähig in seine Umwelt zu vertrauen, ohne diese mit Bewusstsein zu durchdringen. Dann ging er auf den Moment ein, in dem das Kind „Nein!“ zu sagen beginnt, seiner Umgebung verneint und ohne vom Kommenden zu wissen das Gegebene verlässt. Dann leitet er über zum Denken in Gesetzmäßigkeiten und kommt schließlich dahin, dass eine Entscheidung zu treffen den Beginn, die Erfüllung der Entscheidung dann erst den Verlauf der Freiheit darstellen. Auch hier ist also wieder diese zeitliche Perspektive des Vertrauens drin. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Interpretation als zeitlicher Verlauf nicht anderes verdeckt. Doch an diesem zweiten Teil seines Vortrages muss ich knabbern, ehe ich ihn fassen kann.

Im·Puls-Vertiefung

Jeder Tag begann inhaltlich mit einer „Im·Puls-Vertiefung“ und endete auch damit. Diese Vertiefung war ein Viertelstündchen, in dem wir von einer Frage geleitet ganz auf unsere eigenen Gedanken gerichtet verharren sollten.

Die Fragen waren:

  • Auf wen und auf was verlasse ich mich in meinem Alltag?
  • Wie kann ich eine vertrauensvolle Beziehung gestalten?
  • Was hat mich bisher daran gehindert, ein Amokläufer zu sein?
    (diese Frage ergab sich aus dem Vortrag von M. Glöckler)
  • Was stimmt mich zuversichtlich, wenn ich in die Welt schaue, was nicht?
  • Was unterscheidet Vertrauen vom Glauben?
  • Wann und wodurch fühle ich eine Stärkung meines Selbstvertrauens?
  • Wie wäre mein Leben in zwei Jahren, wenn ich mir ab heute mehr vertrauen würde?
  • Was möchte ich nach der Tagung weitertragen?

Tja, die Stimmung der Tagung klingt auch nach einer Woche noch in mir, und ich trage „Vertrauen“ in all die Anknüpfungspunkte, die mir der Alltag bietet, sodass die Knospe der Tagung sich zu öffnen beginnt.

Ich freue mich aufs nächste Mal!


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